Jahrgangsmischung

Jahrgangsmischung an der GGS Am Höfling

An unserer Schule sind alle zwölf Klassen jahrgangsgemischt organisiert. Hier werden Kinder vom 1. bis zum 4. Schuljahr gemeinsam unterrichtet. Vier davon sind gleichzeitig auch GL-Klassen mit behinderten und nichtbehinderten Kindern. Die große Spanne der Begabungen wird genutzt, um das Lernen voneinander und miteinander zu intensivieren. Alle Kinder sind über die vier Jahre hinweg in wechselnden Rollen Nehmende und Gebende. Innerhalb der Klassen existiert ein Patensystem, das das soziale und inhaltliche Lernen unterstützt.

1. Lernen in altersgemischten Klassen an der Grundschule Am Höfling
2. Wesentliche Pluspunkte des Lernens in altersgemischten Klassen
2.1 Rollenwechsel
2.2 Vorausgreifendes und zurückgreifendes Lernen
2.3 Individuelles und begabungsgerechtes Lernen
2.4 Gemeinsames Lernen
2.5 Inklusion in der Altersmischung
3. Unterrichtsorganisation
4. Perspektiven der Jahrgangsmischung an der Grundschule Am Höfling

1. Lernen in altersgemischten Klassen an der Grundschule Am Höfling

"Gemeinsam leben – gemeinsam lernen", dieses Motto übernahm die Grundschule Am Höfling für ihr Schulprogramm, das im Jahr 2000 bereits das altersgemischte Lernen als eine Perspektive für die pädagogische Arbeit der Schule festschrieb. Damit wurde konsequent eine Tradition fortgesetzt: Die Umsetzung von Unterrichtsmodellen, die in zeit- und kindgemäßer Form vielen unterschiedlichen Kindern gerecht werden und dabei integrieren anstatt zu selektieren, lässt sich in der 50jährigen Schulgeschichte bis in die Anfänge zurückverfolgen. Dies gilt für Formen des selbstständigen Lernens ebenso wie für das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht-behinderten Kindern und die Förderung von besonders begabten Kindern.

Die so entwickelte und im Schulprogramm formulierte Unterrichtskultur des Differenzierens und die Erfahrung der Lehrkräfte damit machte den Schritt zur Bildung altersgemischter Klassen im Jahr 2005 möglich. Dabei entschied sich die Schule bewusst dazu, über die schulrechtlichen Vorgaben zur Altersmischung in der Schuleingangsphase hinaus die Vorteile der größeren Altersdifferenz aller vier Grundschuljahrgänge zu nutzen. Gleichzeitig startete mit den vier gebildeten Klassen ein Team von Lehrkräften, das den Zeitpunkt für diesen Schritt gekommen sah. Aus der Elternschaft wurde eine passende Zahl von Kindern für die neu zu bildenden Klassen gemeldet, während von Beginn an regelmäßig die Zahl der frei werdenden Plätze für Neulinge nicht ausreichte. Seit 2011 arbeiten sämtliche Klassen der Schule altersgemischt mit allen vier Jahrgängen der Grundschule. Sie sind in drei Teams (rot, gelb, grün) mit vier "Parallelklassen" organisiert, deren Klassen jeweils eng miteinander kooperieren.

2. Wesentliche Pluspunkte des Lernens in altersgemischten Klassen

2.1. Rollenwechsel

Für jedes Kind beginnt mit dem Eintritt in die Grundschule ein neuer Lebensabschnitt, der ihm eine neue soziale Position zuweist. Diese ist mit vielen neuen Anforderungen intellektueller und emotionaler Natur verbunden. In der Jahrgangsklasse ist dies eine schwierige Aufgabe nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Lehrer. 25 Kinder, die nach Orientierung suchen, die anerkannt werden wollen, die grundlegende Arbeitsmethoden lernen müssen, die sich zu einer Gruppe zusammenfinden sollen - können da ernsthaft alle zum Zuge kommen? In der jahrgangsgemischten Klasse ist die Situation entschärft. Die kleine Gruppe der Erstklässler trifft auf Schüler unterschiedlicher Entwicklungsstufen. Sie können den Neuen Orientierung, Unterstützung und Sicherheit geben. Diese zunächst eher "nehmende" Position verwandelt sich im Laufe der vier Schuljahre. Hat der Schulanfänger zunächst die Hilfe des Paten genossen, der auf viele Fragen Antwort wusste, so wird er als Dritt- oder Viertklässler selbst Pate sein und sich selbstverständlich um einen Erstklässler kümmern. Der positive Einfluss auf die Entwicklung von Selbstwertgefühl und Sozialempfinden beruht auf dem Wechsel der Rollen. Das Kind ist nicht – wie z.B. in der Familie – auf eine Rolle fixiert, sondern nimmt eine Vielzahl von Rollen ein. Alle Kinder erleben sich während ihrer Grundschulzeit in ihrer eigenen Klasse sowohl als Schutz- und Hilfebedürftige, als auch als Schutz- und Hilfegebende.

Neben diesen beiden extremen Positionen entwickelt sich eine Vielzahl unterschiedlichster Beziehungen. Der Viertklässler, der noch mal richtige "Baby-Spiele" braucht, kann dies mit den Kleinen tun, ohne sich sozial zu disqualifizieren, die Zweitklässlerin kann mit einer Großen über ihr Lieblingsthema "Pferde" diskutieren, ohne gleich verlacht zu werden. Insgesamt herrscht durch diese vielfältigen Möglichkeiten intellektueller und sozialer Beziehungen in der Lerngruppe eine gelassene Atmosphäre, weil Positionen offener abgesteckt werden können.

Ebenso zeigt die Heterogenität im Leistungs- und Arbeitsbereich ihre Wirkung. Auch wenn eine Zweitklässlerin im Lesen nicht die schnellste ist, so kann sie doch dem Erstklässler eine Menge beibringen, ihm Texte vorlesen und Wörter mit ihm schreiben. So sieht sie, was sie schon geschafft hat und wird eher motiviert sein, weiter zu üben. Umgekehrt hat die schnelle Rechnerin aus dem Dritten wenig Chancen, sich als "Beste" aufzuspielen, wenn ihr die Kinder aus dem Vierten zeigen, was sie noch lernen kann. Versagensängste und Konkurrenzdenken kommen so weniger zum Tragen. Aber nicht nur soziale Gesichtspunkte spielen im Leistungsbereich eine Rolle. Die Helfersysteme und das Wiederholen der Inhalte in Spiralcurricula stärken auch die eigene Leistung. Lerninhalte anderen Kindern zu vermitteln, ist nicht einfach und die Kinder erwerben erstaunliche Fähigkeiten beim Lehren.

Was bisher aus der Sicht des einzelnen Schülers beschrieben wurde, gilt auch allgemein für das Lernen und Leben in der altersgemischten Klasse. Regeln und Rituale werden jährlich neu weitergegeben. Die neuen Schüler wachsen in die Gruppe hinein, lernen viele Regeln einfach im täglichen Umgang. Was ein Klassenrat ist, braucht nicht mehr entwickelt oder erklärt zu werden. Er wird einfach gehalten und die Neuen machen mit. Auch wie man mit dem Plan arbeitet oder was im nächsten Schuljahr "dran" ist erfahren die Kinder im alltäglichen Umgang. Von Beginn an arbeiten sie also in einem sicheren Lern- und Lebensumfeld, in das sie sich einbringen und nach ihren Fähigkeiten entwickeln können.

2.2. Vorausgreifendes und zurückgreifendes Lernen

Einer der zentralen Vorteile der Jahrgangsmischung besteht in der großen Flexibilität, die den Kinder ermöglicht wird. So sind die Kleinen häufig erstaunt, was die Großen schon leisten, sie können sich frühzeitig erproben und sich etwas zutrauen: Die jüngeren Kinder erfahren viel durch die Arbeit der Großen, werden mit Begrifflichkeiten vertraut, erfahren neue Relationen - und dies durchaus auch ohne ein konkretes Verständnis dafür zu besitzen. Dies führt den Kindern aber die Vielfältigkeit von Wissen vor Augen, weckt ihre Neugier, sie erfahren ihre Grenzen oder erproben neue; andere Kinder erfahren, wie groß ihr Wissenszuwachs seit Beginn der Schule ist.

Werden etwa beim Kopfrechnen sämtliche Aufgaben der Gesamtgruppe gestellt, werden manche Kinder so mit "Überforderungsaufgaben" konfrontiert. Alle können aber durch die unterschiedlichen Niveaustufen versuchen, ihrem Können entsprechend Aufgaben zu bewältigen, und haben die Möglichkeiten, ihr eigenes Wissen zu erproben.

Durch das grundschultypische Spiralcurriculum ist es bei vielen Themen allerdings auch möglich, aufeinander aufbauende, gleich bleibende Systeme zu verwenden. Die Zahlbereichserweiterung wird z.B. in der Gesamtgruppe durchgeführt. Manche Kinder verstehen die weiterführenden Zusammenhänge nicht, trotzdem ist ihnen das Basissystem bekannt. Sie erfahren Strukturgleichheiten in weiterführenden Bereichen – die Komplexität von Zusammenhängen kann so deutlicher hervortreten.

Da Heterogenität ein konstituierendes Merkmal der altersgemischten Lerngruppe ist, geschieht auch die Leistungsdifferenzierung flexibel handhabbar, kindorientiert und stark individualisiert. Zu einzelnen Inhalten, einzelnen Fachbereichen oder auch ansonsten sind Wechsel in Leistungsgruppen – oder besser gesagt – ist eine Nivellierung des Lernstoffes ohne weiteres möglich. Die Kinder können bei Beibehaltung der Stammgruppe in wechselnden Lerngruppen arbeiten. Somit werden die Kinder nicht nur da abgeholt, wo sie stehen; sie dürfen daran arbeiten, was sie brauchen und das in einem ihnen vertrauten Umfeld. Diese Flexibilität durch die stringente Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Kindes ist natürlich in beide Richtungen möglich: Langsam lernende Kinder können zeitweise oder auf Dauer mit Kindern der unteren Jahrgangsgruppe mitlernen; besonders leistungsfähige Kinder lernen bei den Großen mit.

So sehr es der eigenen Lernbiografie widerspricht - der Lehrer tritt im jahrgangsgemischten Unterricht in seiner ursprünglichen Aufgabe als Wissensvermittler in den Hintergrund. Kinder übernehmen vielfach die Rollen des Lernwegbereiters; der Lehrer ist Betreuer, Organisator und im letzten Falle auch Wissensvermittler. Dabei sind die Aufgabenzuteilungen meist altersgebunden – das ältere Kind hilft dem jüngeren öfter. Wir erleben es aber oft, dass die "Großen" auch von den "Kleinen" lernen. Sie erwerben vielfältige Kompetenzen dadurch, dass sie anderen auf ihrem Lernweg helfen, Hilfe von anderen Kindern annehmen und emphatische Grundfähigkeiten erweitern.

Dabei sind die erworbenen Kompetenzen aus einer "erfolgreichen" Lernhilfestellung durch ein anderes Kind nicht hauptsächlich auf sozialer Ebene zu sehen. Die erklärenden Kinder setzen sich (im Sinne des Spiralcurriculums) erneut mit einer Thematik auseinander und wiederholen so bekannte Inhalte, und versuchen darüber hinaus, den anderen Kindern Inhalte transparent zu machen. Für eine verständliche Erklärung muss aber der Inhalt selbst durchdrungen worden sein, der "Weg" der Wissensvermittlung vom Kind strukturiert werden, d.h. das Kind trennt Wichtiges von Unwichtigem ab und strukturiert den Inhalt nach Schwerpunkten, und der Inhalt muss angemessen dargeboten werden (flexible Handhabung und adäquate Darreichung durch das Kind). Dadurch ist eine intensive Auseinandersetzung mit Inhalten gegeben, die sich vorteilhaft auch auf das vertiefende Erfassen der Lerninhalte auswirkt.

2.3. Individuelles und begabungsgerechtes Lernen

Grundsätzlich gilt: Jedes Kind lernt anders, hat sein eigenes Tempo, erschließt sich Dinge auf eine andere Weise. Im Mittelpunkt steht daher die individuelle, begabungsgerechte Förderung, die aber eingebunden ist in das soziale Miteinander mit anderen Kindern. Der Unterricht muss so angelegt sein, dass er die unterschiedlichen Interessen und Fähigkeiten aller Kinder anspricht und sie motiviert, die ihnen angemessenen Leistungen zu erbringen. Dies gelingt, wenn eine freie Wahl der Arbeit ermöglicht und die Lernumgebung so gestaltet ist, dass sie den Bedürfnissen der Kinder angepasst ist. Kommunikatives Lernen und die Erziehung zur Selbstständigkeit und Selbsttätigkeit wird möglich, indem freie Bewegung und Jahrgangsmischung gewährleistet sind.

In der Jahrgangsmischung müssen Kinder weder wegen Nichtversetzen noch wegen Überspringen den Klassenverband verlassen. Durch die in der Jahrgangsmischung vorherrschenden offenen Unterrichtsformen gelingt eine Erweiterung des normalen Lernstoffs für interessierte und fähige Schülerinnen und Schüler problemlos. Die Kinder bearbeiten vorgegebene und selbst gewählte Themen so differenziert, dass etwa Umfang, Zeit, tiefer gehende Fragestellungen, ein größeres Spektrum der Betrachtungsweise und Kreativität, ein "enrichment" angepasst an die Bedürfnisse einzelner Kinder, individuell angeboten werden kann.

Kinder in der Jahrgangsmischung können sehr individuell ihren Leistungen entsprechend den Unterrichtstoff in einem Wochenplan bearbeiten. Das hochbegabte Kind bekommt einen anderen Stoff, einen erweiterten Stoff oder den Stoff einer anderen Stufe im Wochenplan. Ebenso kann man differenzieren im Stoff für das Kind mit Schwächen oder das langsam lernende Kind. Von Schulbeginn an geschieht auf diese Weise eine gezielte Förderung anstatt Kinder in scheinbar homogene Gruppen auszulesen.

Als methodischen Mittel der Individualisierung, um Lernziele und Lernwege zu individualisieren statt normierte Anforderungen an die Kinder zu stellen, haben sich vor allem der individuelle Wochenplan, das morgendliche Kopfrechnen im Zahlenraum von 1 bis zu einer Million, der Mathepass und der Deutschpass 1 bis 4 bewährt. Früh werden die Kinder in der Jahrgangsmischung schon durch ältere Kinder vertraut gemacht mit den Lerntechniken wie MindMap, Portfolio, Referat/Infothek und Jahresarbeit und können diese individuell anwenden und kreativ ausbauen.

So werden die Schüler und Schülerinnen angeregt, eigene Interessen, Ideen, Erkenntnisse in den Unterricht einzubringen und bei der Auswahl der Inhalte mitzubestimmen. Auf diese Weise übernehmen sie eigene Verantwortung für ihr Lernen. Sie lernen ihr Verhalten, ihre Fortschritte, ihr Arbeitsverhalten zu evaluieren, z.B. durch das Führen eines "Lerntagebuchs".

2.4. Gemeinsames Lernen

Sehr deutlich zeigen sich die Vorteile des altersgemischten Lernens vor allem da, wo Kinder unterschiedlicher Jahrgänge gemeinsam lernen können. Dabei sind deutliche Kompetenzsteigerungen zu beobachten sowohl im Bereich des kognitiven, besonders aber im Bereich des sozialen Lernens. Gelegenheiten dazu bieten sich täglich, sie müssen nicht erst konstruiert werden:

  • Kinder, die eine nähere Erläuterungen benötigen, können sich immer an ältere wenden. Dabei hilft das Patenschaftssystem innerhalb der Klasse, in dem jedes Kind über zumeist zwei Jahre einen festen Ansprechpartner hat. Es lassen sich auch Partnerschaften für einzelne Inhaltsbereiche bilden, die erst vor kürzerer Zeit bearbeitet wurden.
  • Werden Sachunterrichtsthemen mit Hilfe von Werkstätten behandelt, finden alle Kinder zum gleichen Thema Aufgaben, die ihrem Lernniveau entsprechen. Gesprächskreise mit der gesamten Klasse führen die Lerntätigkeiten aller Kinder wieder zu einem gemeinsamen Thema zusammen.
  • Ganz besonders intensiv ist die Verbindung des sozialen mit dem fachlichen Lernen bei der altersgemischten Gruppenarbeit. Dabei kann jedes Kind seinen Fähigkeiten entsprechend einen Beitrag zu einem Arbeitsergebnis leisten, sei es durch das Malen eines Bildes, seine Beschriftung, einen kurzen oder langen Text, der sich aus einer Sachrecherche ergibt. Auch hier wird die Arbeit sinnvollerweise durch einen Vortrag für die Klasse oder auch für andere Klassen beendet.

Gesprächskreise, Lesekreise, der wöchentliche Klassenrat: All diese festen Bestandteile des Unterrichts verbinden das Lernen des einzelnen Kindes mit denen der Gesamtgruppe, wodurch der selektive Ansatz schulischen Lernens durch den integrativen ersetzt wird.

2.5. Inklusion in der Altersmischung

Auch für Kinder im Gemeinsamen Lernen (GL) hat die Altersmischung viele Vorteile. Da sie in der Regel in ihrer gesamten Entwicklung verzögert sind, können sie häufig nicht zielgleich unterrichtet werden. In der reinen Jahrgangsgruppe ist zu beobachten, dass die Lern- und Leistungsdifferenz zu den "nichtbehinderten" Mitschülerinnen und Mitschülern im Laufe der Grundschulzeit kontinuierlich ansteigt und ihnen permanent ihre Defizite zeigt. Oftmals müssen sie im Gruppenraum individuell unterrichtet werden, weil sie durch den anderen Unterricht selbst abgelenkt werden oder sie selbst bei Klassenarbeiten stören. Durch die Altersmischung ist es für das Förderkind wesentlich einfacher einen Arbeitspartner auf gleichem Lernniveau zu finden und mit ihm gemeinsam zu arbeiten und zu spielen. Es entwickelt sich dadurch eine noch stärkere Motivation und mehr Ehrgeiz zum Lernen durch Nachahmung. Dabei hilft den Schülern und Schülerinnen ihr individueller Wochenplan mit Lerntagebuch, in das sie ihre selbstausgewählten Hausaufgaben eintragen.

In der heterogenen Gruppenarbeit werden die Leistungsgrenzen und –stärken mehr geachtet und berücksichtigt. Bedingt durch die unterschiedlichen Lernstandards der Stufen ist in der altersgemischten Gruppe weniger Konkurrenzdenken zu beobachten. Sie sind daher offener für Andersartigkeiten (z.B. Autisten mit stereotypen Bewegungen) und für individuelle Bereicherungen (z.B. emotionale Zuwendung von einem Kind mit Down Syndrom). Durch den Altersunterschied ist die Toleranz und auch die Akzeptanz für ein anders Verhalten stärker entwickelt. Die "Großen" haben oft mehr Verständnis und geben ihr positives Verhalten an die Jüngeren weiter oder wirken selbsterzieherisch ein.

Das Kind mit "Behinderung" kann jetzt viel leichter selbst in die Helferrolle schlüpfen, in dem es einem Schulanfänger hilft, zum Beispiel mit den alltäglichen Ritualen zu Recht zu kommen. Dadurch zählt es ganz selbstverständlich zu den "Großen" und entwickelt mehr Selbstbewusstsein. Da Kinder im Gemeinsamen Unterricht oft sozial und emotional sehr feinfühlig sind, reagieren sie spontaner und ungehemmter, wenn sie nicht nur mit Gleichaltrigen zusammen sind.

3. Unterrichtsorganisation

3.1. Stundenplan

Der wesentliche Teil der Schülerwochenstunden besteht aus dem Unterricht in der altersgemischten Klasse (1. Sj.: 17/21 WS, 2. Sj.: 18/22 WS, 3. Sj.: 18/25 WS, 4. Sj.: 18/26 WS). Der darüber hinaus gehende Unterricht findet in Jahrgangsgruppen statt. Er bezieht sich auf die Fächer Sport, das sowohl altersgemischt, als auch altersgleich unterrichtet wird, und Englisch, als auch auf die Fächer Deutsch, Mathematik und Sachunterricht, die in Epochen unterrichtet werden, um neue Inhalte einzuführen, die im Unterricht der altersgemischten Klasse geübt und vertieft werden. Die Zusammenfassung der Kinder aus vier Klassen zu vier Jahrgangsgruppen bietet sich aus Gründen der Lehrerstellenplanung an.

Am Stundenplan der Klasse lässt sich dies in nebenstehendem Bild darstellen.

Gelb gefärbte Stunden finden in der jahrgangsgemischten Klasse statt, rote in Jahrgangsgruppen, gemeinsam mit altersgleichen Kindern aus den anderen drei Mischklassen.

3.2. Aufgaben und Tätigkeiten der Lehrkraft

Wie üblich in einem Offenen Unterricht verschieben sich die Tätigkeitsschwerpunkte der Lehrkraft im Vergleich zur traditionellen Lehrerrolle. Sie ist nur noch selten Trägerin von Wissen, das sie zu vermitteln hat. Sie ist primär Organisatorin von Lernsituationen, Strukturhelferin für die Selbstlerntätigkeiten der Kinder. Ihre wesentlichen Aufgaben bestehen daher darin,

  • Arbeitspläne und Werkstätten zu erstellen,
  • Arbeitsmaterialien und Medien bereitzustellen und zu pflegen,
  • durch Kontrolle von Arbeitsergebnissen Lernstände der Kinder kontinuierlich zu kontrollieren und zurückzumelden,
  • den Klassenunterricht zu rhythmisieren und mit Phasen des individuellen und gemeinsamen Lernens passend zu gestalten,
  • Kleingruppen zu unterrichten und einzelne Kinder zu fördern.

3.3. Lernmaterial, Unterrichtsmedien, Arbeitsmittel

Ob jahrgangsgemischt oder nicht: Offener Unterricht lässt sich nur mit geeigneten Arbeitsmitteln gestalten, mit denen die Kinder selbstständig umgehen können. Hier lässt sich somit auf den üblichen Materialbestand einer modernen Grundschule zurückgreifen. Planvoll ausgebaut können damit alle vier Jahrgänge in einem Klassenraum bedient werden. Außerdem hat es sich bewährt, früher kurzfristig kopierte Arbeitsblätter zu Beginn des Schuljahrs zu kleinen Lernheften zusammen zu fassen und davon einen kleinen Bestand in jeder Klasse bereit zu halten. Die Bewältigung überschaubarer Einheiten, die aufeinander aufbauen, hat sich als deutliche Motivationshilfe erwiesen.

3.4. Klasseneinrichtung

Auch bezüglich des Klassenraums, seiner Möblierung und Gestaltung gilt: In einem kindgerecht gestalteten Raum, der nach den Bedürfnissen moderner Pädagogik eingerichtet ist, kann altersbezogen als auch altersgemischt unterrichtet werden. Er ist dezentral angelegt, besitzt verschiedene Lernecken, Stauraum für Arbeits- und Lernmittel und Platz für die Ausstellung von Arbeitsergebnissen. Die Kinder wissen darüber hinaus, wie sie sich zum Üben und Lernen auch außerhalb des Klassenraums verhalten müssen. Die Anordnung der Tische in Gruppen führt allerdings zu der Schwierigkeit, dass bei der Nutzung herkömmlichen Mobiliars die passende Tisch- und Stuhlhöhe für unterschiedlich große Kinder nur schwer herzustellen ist. Durch die Anschaffung von Stühlen mit einer leicht verstellbaren Fußauflage ist es allerdings möglich, dass auch ganz Kleine mit ganz Großen an gleich hohen Tischen sitzen.

4. Perspektiven der Jahrgangsmischung an der Grundschule Am Höfling

Mit Beginn des Schuljahres 2012/2013 wurde nach einem Beschluss der Schulkonferenz die gesamte Schule jahrgangsgemischt organisiert. Dies trägt den überzeugenden Erfahrungen Rechnung, die wir nicht nur in der täglichen Arbeit machen: Die Anmeldezahlen für Plätze in den Mischklassen waren jährlich mindestens doppelt so hoch, wie Zusagen gemacht werden konnten, der Wunsch, quer in Mischklassen einzusteigen, musste regelmäßig abschlägig beschieden werden, interne Erhebungen bei Eltern abgehender Viertklässler und die Rückmeldungen aus weiterführenden Schulen sind stets so positiv, dass die Fortsetzung des im Jahr 2000 begonnenen Weges konsequent erschien. Der wissenschaftliche Forschungsstand bestätigt uns darin: Es liegen inzwischen zahlreiche Untersuchungen vor, die die Vorteile unterschiedlicher Modelle von Jahrgangsmischung bestätigen. Gleichzeitig fällt auf, dass Preisträger der bedeutendsten Schulpreise fast durchweg jahrgangsgemischt unterrichten.

Inzwischen arbeiten die Lehrkräfte von 12 Klassen in drei Vierer-Teams mit Methoden und Materialien, die ihren unterschiedlich alten Kindern ihren jeweiligen Lernfortschritt ermöglichen. Die Qualitätsanalyse aus dem Jahr 2011, die der Schule insgesamt ein hervorragendes Zeugnis ausstellte, machte allerdings auch deutlich, dass bei der Fortentwicklung des jahrgangsgemischten Unterrichts die Lenkung der Kinder inzwischen eher in den Hintergrund treten kann. Das Kollegium erarbeitete daher Jahres- und Teilarbeitspläne für die Hand der Kinder, aus denen sich Lerninhalte, Lernstand und Perspektiven für die Weiterarbeit leicht erkennen lassen, und implementierte verstärkt die Möglichkeiten der Kinder zur selbständigen Überprüfung von Arbeiten mit Materialien und Helfern. Schließlich zeigt die Erfahrung auch: Unterrichtspraxis muss – nicht nur in der Jahrgangsmischung – kritisch beleuchtet, an wechselnde Erfordernisse angepasst und stetig verbessert werden. Nur so werden wir den Kindern gerecht.